Start der schweren Flab in der Schweiz
Quelle/Autor: André Masson
Die zwei ersten Versuchs-Rekrutenschulen
1936: Erste Flab-RS im Herbst, noch als Artillerie: Anfänglich gibt es noch gar kein technisches Material, später 4 Geschütze Vickers, ein US-Kommandogerät Sperry, ein Telemeter 3m, ein Scheinwerfer und ein Horchgerät. Erste Schüsse auf den Schleppsack, gezogen durch den Doppeldecker.
1937: Wenige Kanonen Vickers und Schneider, je ein KdoGt Sperry und Gamma, Tempiermaschinen Vickers und Tavaro, Scheinwerfer Siemens und Galileo, Horchgerät Elscop und Tepas mit zwei Horch-trainings-Geräten. Alles wird ausprobiert und verglichen. Ende 1937 werden 15 ungarische Kommandogeräte «Gamma» bestellt – es kann losgehen.
Alles nach H.Born, die Geschichtliche Entwicklung der Flab, 1969.
Die Schweizer Armee betritt Neuland! Aber noch zuvor, in den letzten Tagen 1935, ja selbst vor der Gründung der Firma Contraves, adressiert ETH-Professor Fritz Fischer die höchsten Armeestellen und Bundesrat Minger schriftlich und mündlich, das sei alles nichts, das könne man gleich vergessen. Die bisherigen Rechner setzen nämlich einen schönen Gradausflug voraus, und Fritz Fischer sieht sofort, dass mit wenigen gezielten Kurven die Piloten die ganze Boden-Flab ausser Betrieb setzen können. Und die eigenen Flieger haben zu wenig Zeit, um aufzusteigen und auf genügende Höhe zu kommen, um feindliche Bomber zu bekämpfen – das Land ist zu klein. Radar gibt es in der Schweiz noch nicht.
Prof. Fischer fordert die Entwicklung ganz neuer Geräte, und macht wahrscheinlich gesetztere Herren bei Armee und Materialbeschaffung kopfscheu. Er zielt wirklich sehr hoch! Während des ganzen Krieges müssen die Ingenieure aus Oerlikon eine gewisse Ablehnung aus Bern erfahren – die Firma Contraves steuert in sehr schwierige Gewässer, sie überlebt aber.
Wie das alles begann: Siehe Arbeit ►«Kurvenflugrechner».
Jetzt müssen die Geräte her! Es wird in Oerlikon das Konzept für das «Oionoskop» ausgebrütet, die grosse Hoffnung und der eigentliche Geschäftszweck der neu gegründeten Firma Contraves. Alles dreht sich vorerst um die Ausbildung, nicht um den Kriegseinsatz. Jetzt werden elektrische Rechner entwickelt, gebaut, geprüft und eingesetzt. Der erste neue Rechner-Typ beruht auf elektrischen Widerstands-Netzwerken mit Tausenden von genauen, eingelöteten Widerständen. Während sich das Oionoskop nur langsam und mühsam entwickelt, können die zwei Teilprojekte «Stereomat» und «Verograph», die in derselben Rechentechnik arbeiten, vorgezogen und in kleinen Stückzahlen verkauft werden, auch ins Ausland. Der Stereomat vereinfacht die Interpretation von räumlicher Lage zwischen Schuss und Flugzeug ab zwei Fotografien, der Verograph bestimmt die Distanz zum Flugzeug sehr genau und überwacht die Ausbildung der Telemeter-Leute (die wichtigsten Leute der Flab-Bttr). Das Oionoskop selber kämpft mit der neuen Stahlband-Speicherung der KdoGt-Daten über die Zeit vom Abschuss bis zum Sprengpunkt, wobei langsamere Bandgeschwindigkeiten als damals üblich gefragt sind. Mit Mühe und Not wird ein Prototyp fertiggestellt und in Zuoz ausprobiert – verkauft wird er nie.
Nach dem Krieg werden neue Geräte entwickelt – die Radartechnik ist nicht mehr zu umgehen. Es kommt zum eigentlichen Aufschwung der Contraves mit Fledermaus und Super-Fledermaus, die sich sehr gut und auch international verkaufen lassen. Das erste funktionierende und datierbare Gerät wurde im Digitalt-Museum in Schweden gefunden: 1948, also 15 Jahre, bevor die Schweizer Armee damit ausgerüstet wird. Grosse Nato-Aufträge sind auch dabei.
Es ist für diese Geräte ein zweiter, ganz neuer Rechner-Typ entwickelt worden, mit Rechen-Kondensatoren auf Servo-gesteuerten, mechanischen Drehwellen und vielen Synchros, um die mechanischen Variablen im ganzen Gerät getreu zu kopieren. Einige Variablen sind eher als Winkel dargestellt, andere als Wechselspannungen, die wichtigsten sowohl mechanisch wie auch elektrisch. Die Rechenkondensatoren erlauben eine erleichterte Multiplikation zweier variabler Grössen, aber auch eine Abspeicherung trigonometrischer oder ballistischer Funktionen (Tabellenwerk im Drehformat).
Arbeiten zu den Rechenkondensatoren:
► FltGt63/69 – wie der Fledermausrechner funktioniert
► Flab-Rechner-Contraves – wo überall dieser Rechner eingesetzt worden ist
► Integrieranlage 58 – Entwicklung eines nicht-militärischen Gerätes